„Manchmal sitze ich über 16 Stunden in einem Fotoversteck“ Interview mit Günter Nowald

„Manchmal sitze ich über 16 Stunden in einem Fotoversteck“

Die Faszination für Kraniche reicht bei Günter Nowald bis in die Zeit seines Biologie-Studiums zurück.

Seitdem verpasst er weder eine Frühjahrs- noch eine Herbstzugsaison der Kraniche. Aus dem Wunsch heraus, weitere Details aus dem Leben der großen Vögel zu erfahren, begann Günter Nowald, die Kraniche zu fotografieren. Dabei scheut er keine Mühen oder (bürokratischen) Hindernisse , wie er im Interview verrät:

Fotografie Zingst: Wann und warum haben Sie angefangen, Kraniche zu fotografieren?

Günter Nowald: Den ersten Kontakt zu den Kranichen hatte ich im Frühling 1988 - die ersten wärmenden Sonnenstrahlen luden nach einem nasskalten, grauen Winter zu einem Spaziergang im Osnabrücker Land ein. Das rotbraune, trockene Laub im Teutoburger Wald raschelte bei jedem Schritt. Die Blicke konnten durch die noch lichten Baumkronen ungehindert die eilig nach Norden ziehenden kleinen Wolkenfetzen am tiefblauen Himmel verfolgen. Da erreichten mich wenig vertraute Rufe aus der Ferne. Sie kamen schnell immer näher. Und plötzlich erblickte ich zum ersten Mal die mythenumwobenen Frühlingsboten – eine Flugformation, bestehend aus 166 Graukranichen, zog eifrig kommunizierend in geringer Höhe über mich hinweg. In der klaren, kalten Luft vernahm ich jeden einzelnen Flügelschlag der großen, faszinierenden Vögel. Ich verspürte augenblicklich den Wunsch, mit ihnen in die unberührte Wildnis des Hohen Nordens zu ziehen.

Seitdem versäumte ich während meines Biologiestudiums in Osnabrück weder eine Frühjahrs- noch eine Herbstzugsaison der Kraniche.

Endgültig in den Bann gezogen haben mich diese besonderen Vögel bei einer „Uni-Exkursion“ nach Gut Sunder. Die Morgensonne blinzelte goldrot über dem Horizont. Lichte Nebelschwaden schwebten tanzend über eine stille Waldwiese. Kühle Tautropfen durchnässten meine Wanderschuhe. Und plötzlich drang erstmalig der Ruf der Wildnis bis zu mir. Die Nebelwand verhinderte zwar jeglichen Sichtkontakt zu den Vögeln, die trompetenartigen Duettrufe des Kranichbrutpaares aber ließen einen wohltuenden Schauer über meinen Rücken gleiten. Auch bei späteren Begegnungen faszinierte mich die Fähigkeit dieser großen und eleganten Vögel, in der Landschaft zu verschwinden. Ihr umfangreiches und auch ausdrucksstarkes Verhaltensrepertoire nahm mich unwiderruflich gefangen.

Je intensiver ich mich mit den beeindruckenden Vögeln beschäftigte, desto mehr wuchs auch meine Neugierde, weitere Einzelheiten aus ihrem Leben zu erfahren. Und mit der Fotografie habe ich immer weitere Details entdecken können.

Was nehmen sie alles in Kauf, um ein gutes Kranichbild zu bekommen?

Bei der Kranichfotografie ist es wie bei der Vogelfotografie im Allgemeinen. Ich stehe sehr früh auf, um mit dem schönsten Licht die charismatischen Glücksvögel in Szene setzen zu können. Und manchmal sitze ich über 16 Stunden in einem engen Fotoversteck – auch bei -15° C.

Kraniche

Welchen Herausforderungen begegnen Sie beim Kranich-Fotografieren?

Gerade beim Fotografieren im Ausland stehen häufig auch behördliche Herausforderungen im Vordergrund, um beispielsweise eine Genehmigung zu erhalten. Wenn ich daran zurückdenke, die Erlaubnis für das Fotografieren in der Civillian Controlled Zone in Südkorea zu bekommen – oh je. Auch die hygienischen Voraussetzungen waren mitunter gewöhnungsbedürftig – besonders in den verschiedenen Ländern Afrikas.

Was macht Ihnen besonders viel Spaß im Umgang mit den Tieren?

Besonders viel Spaß machen mir die Planungen im Vorfeld – und dann vor allem, wenn die geplanten Motive auch erfolgreich realisiert werden können. Ein Höhepunkt ist aber meist auch die Zusammenarbeit mit den Kranichfreund:innen vor Ort. Im Laufe der Zeit ist eine große (auch internationale) Kranichgemeinschaft entstanden – wunderbar!

Was ist die beste Ausrüstung zum Fotografieren von Kranichen?

Lichtstarke Objektive, möglichst auch eine sehr lange Brennweite von mindestens 500 mmm sind eine Voraussetzung. Des Weiteren sind Fotoverstecke eine großartige Hilfe.

Die Ausstellung "Faszinierende Einblicke in Kranichwelten" von Günter Nowald ist seit dem 16.09.2022 im Hotel Vier Jahreszeiten zu sehen. Zur Vernissage am 02.10. wird Günter Nowald anwesend sein. Mehr aus dem Leben der Kraniche berichtet Günter Nowald in seiner Multivisionsshow "Kraniche" am 02.10. um 20:00 Uhr.

Das Interview führte Nina Hesse.

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