Das meiste haben wir danach aufgegessen Jan Kornstaedt im Interview über Food Porn

Das meiste haben wir danach aufgegessen

Jan Kornstaedt ist zum zweiten Mal beim Umweltfotofestival in Zingst dabei. Diesmal ist er Teil der Gruppenausstellung „Lecker!“ in der Multimediahalle. Die Bilder stammen aus dem gleichnamigen Kochbuch „Food Porn“, das Jan Kornstaedt jetzt ins Englische übersetzen lässt, um es an internationale Kunstbuchverlage heranzutragen. Bei der Frage, was ein Kochbuch mit der Kunstszene verbindet, hilft ein Blick auf die Bilder und in das Interview, welches wir mit dem Fotografen geführt haben.

horizonte zingst: Für Dich ganz persönlich: Was ist Food Porn?

Jan Kornstaedt: Bezogen auf die Fotografie bedeutet Food Porn für mich, Bilder zu machen, bei denen die sinnliche Wahrnehmung extrem herausgearbeitet wird und so absolut im Vordergrund steht. Da geht es nicht nur um die abgebildeten Speisen.

Essen ist eine tägliche Erfahrung für uns alle, jeder hat eine Position dazu. Mit dieser Positionierung sagen wir auch immer, wer wir sind und was wir erlebt haben. Unsere Geruchs- und Geschmackseindrücke werden im Gehirn zusammen mit Gefühlen und Affekten unlösbar zu einer komplexen Gesamtheit verbunden.

Ob Anziehung oder Zurückweisung, Lust oder Ekel, wir können unseren Geschmackserinnerungen nicht gleichgültig gegenüberstehen; deshalb erzeugen diese Bilder starke Reaktionen.

Jan Kornstaedt Fotoserie Food Porn

Wie ist die Idee zu der Strecke entstanden?

2015 war Food Porn „DER“ neue Modebegriff im Foodbereich. Lisa Frischemeier, damals Redakteurin im Hölker Verlag, ist auf mich zugekommen, weil der Verlag ein Kochbuch mit diesem Titel produzieren wollte.

Ich hatte schon seit meiner Diplomarbeit in diesem Bereich gearbeitet und war ihr durch meine regelmäßigen Veröffentlichungen im „Beef Magazin“ aufgefallen. Gemeinsam mit befreundeten Foodstylisten Raik Holst und Torsten Schmidt haben wir dann Rezepte zusammengetragen und entwickelt.

Jan Kornstaedt fotografiert Essen

Wie hat sich die Fotografie dazu entwickelt?

Der erste Test war noch etwas braver, wir haben am Anfang noch mit Tellern und Besteck gearbeitet, die Perspektive etwas flacher mit Blick in den Raum. Ich habe dann schnell gesehen, dass Arbeiten mit normaler Requisite und Untergründen vom Verleih nicht in Frage kommen und dann eine ganze Woche lang die Untergründe selbst gemalt und versiegelt, damit das Food direkt auf dem Hintergrund liegen kann.

Anders als bei normaler Auftragsfotografie habe ich nicht das Set eingerichtet, die Kamera aufgestellt und Licht gemacht, sondern den Untergrund von allen Seiten frei zugänglich gemacht – ich konnte rund um das Set gehen und mit der Kamera in der Hand die besten Blickwinkel suchen. Das hat einen Riesenspaß gemacht und war viel intuitiver.

Ausstellung über Essen

Wie sahen die Tage im Studio aus, in denen Food Porn entstanden ist?

Wir haben zu dritt gearbeitet, und bis zu sechs Rezepte am Tag umgesetzt. Raik und Torsten haben an den Gerichten gearbeitet, vorher haben wir mögliche Untergründe abgesprochen. Das fertige Gericht kam direkt auf die Platte, daran gestylt wurde danach nicht viel, entweder hat es geklappt, oder wir haben es noch mal anders gemacht. Das meiste haben wir danach aufgegessen.

Foodfotografie von Jan Kornstaed

Wie stehst Du zur klassischen Foodfotografie?

Klassische Foodfotografie mache ich als Auftragsfotografie ja auch immer wieder. Ob redaktionell oder werblich, diese Bilder haben eine ganz andere, klar definierte Aufgabe. Das ist für mich als Job legitim, davon leben wir, für meine eigenen Interessen mache ich freie Arbeiten oder Projekte wie dieses hier.

Was ist Dein Fazit aus/zu/nach Food Porn?

Das war ein super Projekt, sehr schön, diese Arbeiten in einem Buch so konzentriert zusammengefasst zu sehen. Allerdings muss ich sagen, dass diese Bilder eher in einem kunst- und fotointeressierten Umfeld funktionieren als in der klassischen deutschen Kochbuchlandschaft. Wir planen jetzt, das Buch bei internationalen Kunstbuchverlagen anzubieten, als großes Bilderbuch sozusagen, mit englischen Rezepten.

Das Interview führte Edda Fahrenhorst
Website des Fotografen: https://jankornstaedt.com/

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